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In der Senior*innengruppe „Küchenperlen“ auf dem Hof Akkerboom in Kiel kochen Menschen im gehobenen Alter regelmäßig gemeinsam. Dabei entstehen nicht nur köstliche Gerichte, sondern vor allem auch Austausch und Geselligkeit.

„Wir kochen heute Ofentomatensuppe mit mariniertem Feta und Blumenkohlauflauf mit Käse und Stremellachs,“ verkündet Urte Busse, Programmkoordinatorin des Hofes Akkerboom, mit zwei Rezeptzetteln in der Luft wedelnd ihren acht rüstigen Küchenperlen. Diese sitzen erwartungsvoll an einem kaffeegedeckten Tisch in der geräumigen Essküche des Bauernhauses und sind bereit, die Küche mit ihren langen Holzarbeitsplatten und der frei im Raum stehenden Kochinsel in Beschlag zu nehmen. 


Die grauen Holzlettern auf der Dunstabzugshaube wünschen ein nordisches “Moin” in den Essbereich

Ein Kochprojekt für Senior*innen 

“Küchenperlen” ist ein Projekt des soziokulturellen Zentrums Hof Akkerboom im Kieler Stadtteil Mettenhof, bei dem sich alle paar Wochen ältere Menschen zum gemeinsamen Schnibbeln, Rühren, Abschmecken und Genießen treffen. Und so auch heute. Während draußen eine steife Brise durch die Reetdächer des teilweise denkmalgeschützten Bauernanwesens weht, beginnen die Küchenperlen Aufgaben zu verteilen. Zuerst müssen Tomaten halbiert und Zwiebeln geschnitten werden. „Aber bitte nicht so scharf und auch keinen Knoblauch“, gibt Urte zu bedenken. Manche Mägen vertragen diese Zutaten nicht. Schnell verteilt sich das eingespielte Team, das heute aus sieben Damen und einem Mann besteht, an den Küchenarbeitsplatten.  


Viele Köch*innen tragen bei den Küchenperlen zum Gelingen bei

Das Projekt ist im Jahr 2021 entstanden und konnte mithilfe der NEUSTART KULTUR Förderung umgesetzt werden. Alle zwei Wochen an insgesamt zehn Nachmittagen hat die feste Gruppe von 8-10 Senior*innen gemeinsam neue Rezepte ausprobiert. Mithilfe einer Fotografin wurden die schönsten Momente und die Lieblingsrezepte in einem Kochbuch festgehalten. „Wir haben aber auch gesungen, gelacht und manchmal geweint“, erzählt Urte, „denn durch die Mahlzeiten kamen auch viele Erinnerungen hoch.“ Auch für sie persönlich waren das Projekt und der Austausch mit den Älteren sehr bereichernd.   

Die Förderung ist nun zu Ende und selbst tragen kann sich der betreute, drei- bis vierstündige Nachmittag plus Vorbereitung und Kochzutaten eigentlich nicht. Urte ist glücklich darüber, dass das Projekt für Senior*innen auch dem Vorstand so sehr am Herzen liegt, dass es querfinanziert und dadurch weitergeführt werden kann. Dass die ältere Generation und motorisch eingeschränkte Personen auf Hof Akkerboom eine wichtige Rolle spielen, sieht man auch an der Einrichtung der Räumlichkeiten. Mithilfe von Tastern lassen sich die Türen automatisch öffnen. So kommen auch Menschen mit Rollatoren selbständig gut durchs Haus.   


Beim Abschmecken und und Genießen ist ein tolles Kochbuch entstanden

Gemeinsam statt einsam 

Auch für die Senior*innen ist es ein Geschenk, dass es weiter geht. Ingo ist gerade dabei, Petersilie ganz fein zu schneiden. Früher habe er gar nicht gekocht, aber bei den Küchenperlen lernt der Witwer viele neue Sachen, die er dann zu Hause auch alleine kochen kann. „Ich bin hier für die Männerquote“, scherzt er, „und natürlich macht mir das auch Spaß, sind ja alles nedde Leude hier.“   

Mitköchin Barbara hat damals das Vorhaben, ein Kochbuch aus den gekochten Rezepten zu erstellen, motiviert mitzumachen und heute ist sie immer noch dabei. „Das ist so eine schöne Crew hier, alleine schon deswegen komme ich“, lacht sie und rührt mit dem Kochlöffel im Topf, in dem die Butter für die Béchamelsauce zu brutzeln beginnt. „Jetzt schaut mal zu!“, ruft sie Urte und den anderen Küchenperlen zu, die sie in die Kunst des Béchamelsaucekochens einweihen will. Sie erklärt: „Immer ganz genauso viel Butter wie Mehl, die Milch ganz langsam dazu und dann immer schön rühren.“  

Die älteste Teilnehmerin ist Helga, stolze 94 Jahre alt. Sie kocht nicht mehr mit, aber genießt die Gesellschaft der anderen. Sie zeigt mir das Kochbuch, in dem sie auf Fotos selbst noch in Aktion zu sehen ist. „Hier“, erinnert sie sich, „diese Kartoffelsuppe, die war echt gut.“ Für die Teilnehmer*innen, die im Alter im Heim leben oder immer weniger Kontakte haben, ist das gemeinsame Kochen eine willkommene Abwechslung und Möglichkeit unter Leuten zu sein.   

Zusammen genießen 

Der Blumenkohlauflauf mit der Béchamelsauce ist mittlerweile im Ofen und der Duft geschmolzenen Käses zieht durchs Haus. Zeit, mit dem von Ingo mitgebrachten lieblichen Likörwein „Samos“ anzustoßen und sich damit die Wartezeit aufs Essen zu versüßen. Als der er erste Gang fertig ist, werden die Teller mit dampfendem Essen  für alle auf dem Tisch verteilt. Die Köch*innen beurteilen gemeinsam: Etwas Salz darf noch dran, aber sonst ist der Auflauf köstlich. Die Ofentomatensuppe ist doch ein bisschen pikant geworden, aber ist ebenfalls „der Burner“, findet Barbara.  


Miteinander schmeckt’s am besten!

Gut gesättigt machen sich die Küchenperlen ans Abspülen. Nicht ohne vorher noch eine Dose mit übriggebliebenem Essen für eine heute erkrankte Mitköchin abzupacken. Bei den Küchenperlen gehören das Kulinarische und das Miteinander eben zusammen.