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Das paho. Zentrum für Papier wurde als Plattform für Künstler*innen und Kunstinteressierte gegründet, die sich den vielen Facetten des Themas Papier widmen. In Workshops und partizipativen Angeboten wird Kindern sowie Erwachsenen der Werkstoff und das Handwerk dahinter nähergebracht. Claudia hat das Zentrum besucht und ist mit Gründerin Ute in die Welt des Papierschöpfens eingetaucht.

Donnerstagvormittag in Großderschau, einem brandenburgischen Dorf. Drei Künstlerinnen sitzen konzentriert im Garten, sammeln Holzstückchen aus Stroh und diskutieren die nächsten Schritte. Das „Stroh“ stellt sich auf Nachfrage als Hanfstroh heraus. 3.000 Quadratmeter haben sie von der benachbarten Agrargenossenschaft anbauen und mähen lassen. „Das war gar nicht so leicht. Hanf hat sehr lange Fasern und niemand wollte sich das Mähwerk ruinieren. Zum Glück haben sie noch einen alten Scheibenmäher gefunden“, erzählt Ute Fürstenberg, die Vierte der Runde, Gründerin des paho. Zentrum für Papier und Leiterin des Projekts Faserwerkstatt.


Anke Meixner vom Projekt Faserwerkstatt begutachtet und bearbeitet das Hanfstroh

Papierforschung im paho

„Aber das reicht ja nicht. Um Papier herzustellen, muss der Hanfstängel noch zerkleinert und entholzt werden und solche Geräte hat niemand mehr im Gebrauch.“ Aber auch hier hatten sie Glück. Bei einem Vortag in Wismar sprechen sie den Dozenten Dr. Hans-Jörg Gusovius an, der am Institut für Agrartechnik und Bioökonomie in Potsdam die Maschinen einer Pilotanlage zur Verfügung stellt. Säcke voller Hanfstroh werden durch Guillotine und Extruder gejagt, unterschiedlichste Varianten hergestellt, damit weitergeforscht werden kann, wie aus den Zwischenprodukten feines und langlebiges Papier hergestellt werden kann. Denn das ist das Ziel ihres gemeinsamen Projektes, welches am Wochenende zum Tag des offenen Ateliers auch interessierten Besucher*innen zugänglich gemacht werden soll.


Das Hanfstroh kommt durch die „Guillotine“ © Petra Walter-Moll

Eine Region mit Tradition im Papierhandwerk

Während die Künstlerinnen weiterarbeiten, führt Ute mich durch das paho. Das Haus samt Garten hat sie vor einigen Jahren erworben, um eine Basis für ihre Kulturarbeit zu schaffen und ein bundesweites Netzwerk Gleichgesinnter aufzubauen. Unzählige verschiedene Papiere sind hier zu finden, Siebe und altes Gerät, welches früher zur Papierherstellung genutzt wurde. „Havelland und Prignitz waren bekannt für Papier- und Textilherstellung, hier gab es viel Wasser, das braucht man dazu. Im Nachbarort ist auch die alte Papierfabrik, mit der wir kooperieren.“ Das historische Gebäudeensemble in Hohenofen ist heute ein technisches Denkmal von überregionaler Bedeutung.


Die ersten Versuche: geschöpftes und getrocknetes Papier

Eine Pflanzenkläranlage für das paho-Gelände

Viel ist noch zu tun auf dem paho-Gelände, das sieht man, aber Ute ist voller Tatendrang. „So nach und nach wird das schon. Ich bin froh, dass wir jetzt unser Badehaus in Betrieb haben, sonst wären solche Projekte hier gar nicht möglich.“ Badehaus? Tatsächlich, im Garten wurde ein alter Schuppen umgebaut. WCs und Waschmöglichkeiten finden sich jetzt dort und geben Besucher*innen die Möglichkeit, Sanitäranlagen außerhalb des Wohnhauses zu nutzen.


Das „Badehaus“ für Besucher*innen und Workshopteilnehmende

Wir gehen weiter und bleiben vor einer noch spärlich bewachsenen Kiesfläche stehen. „Das ist das Beste“, freut sich Ute, „eine Pflanzenkläranlage.“ Als unwissende Städterin frage ich genauer nach. „Wir hatten hier nur eine Einkammergrube. Bei solchen Veranstaltungen muss die alle paar Tage abgepumpt werden. Das kann ja niemand bezahlen!“ Nun gibt es vier Kammern, durch die das Abwasser fließt, dabei gefiltert und anschließend mittels Pumpe zum Schilfbeet transportiert wird. Durch Verteilerrohre gelangt es auf die Beetoberfläche, durchströmt das Kiesbett und wird von den Schilfwurzeln verstoffwechselt – die biologische Reinigung beginnt. Möglich waren beide Investitionen durch NEUSTART KULTUR-Fördergelder, die 2020 vom paho. beantragt wurden. Für das Kulturzentrum wäre es ohne Weiteres nicht möglich gewesen, die Mittel dafür aufzutreiben. Durch den Umbau kann der Garten nun gut als Werkstattgelände genutzt werden, steht für Workshops zur Verfügung und dient gleichzeitig als Ausstellungsfläche.


Ausstellung zum Hanf

Papierschöpfen und Gautschen

Drei Tage später bin ich erneut da. Schließlich möchte ich sehen, ob das Experiment funktioniert hat und sich nun Papier schöpfen lässt. Ich darf sogar selbst zur Tat schreiten, tauche ein Sieb in die grau-weiße Pulpe, füge Blütenblätter aus dem Garten hinzu, stülpe das Sieb auf ein Wollfilz und löse es durch vorsichtiges Hin- und Herbewegen. Gautschen nennt sich dieser Schritt. Gar nicht genug kann ich davon kriegen, denn auch das Ergebnis kann sich sehen lassen. Anderen Besucher*innen geht es ähnlich, so dass viele feine, durchscheinende Blätter entstehen.


Claudia beim Papierschöpfen

Mit vereinten Kräften hieven wir den Stapel in die altertümliche Schlagpresse und drücken noch ordentlich Wasser raus. Mehrere Tage muss das Papier hier nun trocknen. Ich werde wohl noch einmal wiederkommen müssen, um das endgültige Ergebnis betrachten zu können. Welch Freude!

Während der Pandemie wurden für den Hamburger Oberhafen zwei Audioformate entwickelt, um Besuchenden das Kultur- und Kreativquartier trotz Kontaktbeschränkungen zugänglich zu machen. Denn der inspirierende und vielfältige Ort hat nicht nur eine bewegte Geschichte, sondern lebt vom regen Austausch zwischen den Kulturschaffenden und den Besucher*innen. Ulrich Bildstein ist Geschäftsführer des Kammerkunstvereins und im Vorstand des Oberhafen 5+1 e.V. Er hat beide Audioformate mit entwickelt und umgesetzt – NEUSTART KULTUR hat sich mit ihm darüber unterhalten.

Lieber Ulrich, bitte erläutere kurz, wer hinter den Audioformaten steckt

Der Oberhafen 5+1 e.V. ist die Selbstorganisation der Nutzer*innen im Oberhafen Hamburg, dem größten kreativwirtschaftlichen Cluster der Stadt. In alten Hafenschuppen sind rund 50 Projekte ansässig, wie Handwerksbetriebe, Veranstaltungsorte, Künstler*innen und Allmende-Flächen, die für alle Bürger*innen offen stehen, die ihre Stadt mitgestalten möchten. Der Hamburger Kammerkunstverein e.V. ist einer dieser 50 Einrichtungen. Er bietet niedrigschwellige Crossover-Formate zwischen klassischer Kammermusik und Text an und agiert dabei stets abseits des subventionierten Klassikbetriebs. Die Kooperation zwischen Oberhafen 5+1 e.V. und dem Kammerkunstverein e.V. war deshalb besonders fruchtbar, weil sich hier unterschiedliche Expertisen ergänzt haben.


Ulrich Bildstein ist im Vorstand des Oberhafen 5+1 e.V. und hat beide Audioformate mit entwickelt. © kammerkunst.de

Zu welchem Zweck wurden die Audioformate entwickelt und worin unterscheiden sie sich?

Um den Oberhafen als öffentlichen Ort zu prägen und allen Besucher*innen Gelegenheit zum Mitmachen zu geben, schaffen die Nutzer*innen des Oberhafens vielfältige Möglichkeiten der Teilhabe. Es gibt öffentliche AGs und Angebote wie z.B. den Gemeinschaftsgarten, Kunstprojekte oder Sport- und Kreativkurse. Wir wollten während des Lockdowns diese Offenheit und Zugänglichkeit beibehalten und weiter entwickeln. Die Audioformate, die durch NEUSTART KULTUR realisiert werden konnten, tragen auf neue Weise dazu bei, Besucher*innen den Ort transparent zu machen und zur Partizipation einzuladen. Besucher*innen können per Audio-Track hinter die Kulissen schauen und einzelnen Betrieben einen Besuch abstatten, sich über die Geschichte des Ortes informieren, mehr über die stadtpolitischen Ziele erfahren und durch künstlerische Beiträge den Ort neu erleben. Es gibt zum Einen den Audio-Guide mit allgemeinen Informationen zum Ort und seinen vielen Projekten und zum Anderen einen Audio-Walk mit eher künstlerischen Beiträge zur Kolonial-Geschichte des Ortes, Klangkollagen und Hafenkonzerte, die zu assoziativem Hören einladen. Beide Projekte ergänzen sich und öffnen vielfältige Zugänge zum Oberhafen.


Auch ein Gemeinschaftsgarten gehört zu den Projekten des Hamburger Oberhafens.
© Oberhafen Hamburg

Wer war an der Realisierung beteiligt und wie können sie genutzt werden?

Die einzelnen Audiostationen wurden in Zusammenarbeit mit Nutzer*innen vor Ort, Zeitzeug*innen, Historiker*innen, Musiker*innen, aber auch Interviewpartner*innen der beteiligten städtischen Entwicklungsgesellschaften realisiert. Die entstanden Hörstücke sind von ganz kurz bis halbstündig und ermöglichen ein detailreiches Eintauchen in die Welt des Oberhafens. Die Audio-Formate werden am Eingang des Geländes per QR-Code und Website angeboten und Besucher*innen benötigten nichts weiter als ein Smartphone. Sie erkunden das Gelände dann Station für Station, bestimmen selbst ihr Tempo und welche Themen sie besonders interessieren.

Was schätzt du an diesen Formaten besonders?

Das Medium kann von jeder Person ganz leicht genutzt werden, denn ein Smartphone haben die meisten immer bei sich. Es verbindet Menschen mit Orten, regt zum Nachdenken an, schafft neue Kollaborationen und ist in seiner Vielstimmigkeit ein Beitrag zu einer lebendigen Zivilgesellschaft.