Seit sieben Jahren veranstaltet der Bremer Verein KulturKraken den Wintermarkt „Lichter der Neustadt“. Förderreferentin Pia hat den Markt – der eigentlich ein Festival ist – besucht und sich von Vereinsmitglied Victor Frei die Neuerungen, die mithilfe der NEUSTART KULTUR-Mittel möglich waren, zeigen lassen.
Der Mond leuchtet hell über dem kleinen Park der Wallanlagen in der Bremer Neustadt. Einmal kurz über den Hügel, am weihnachtlich geschmückten Südbad vorbei, sehe ich sie schon von weitem: hochgewachsene, hell erleuchtete, elfengleiche Fabelwesen. Die wunderschönen, in weiß gekleideten und mit Lichterketten geschmückten Kreaturen locken, auf ihren Stelzen balancierend, Vorbeigehende zum Eintritt in den Wintermarkt Lichter der Neustadt.
Leuchtende Fabelwesen auf Stelzen locken die Besucher*innen
Eine Gold werte Förderung in Pandemiezeiten
Die Lichter der Neustadt werden nun seit sieben Jahren vom Verein KulturKraken veranstaltet. Zehn bis 14 hauptsächlich ehrenamtliche Kulturliebhaber*innen stellen hier für zwei Wochen lang ein tolles Programm auf die Beine. Victor Frei, erster Vorsitzender des Vereins, empfängt mich zu einer kleinen Tour am liebevoll mit Lichterketten und Holzschnitzereien verzierten Haupteingang des Marktes. Ich freue mich, die bewilligten Investitionen – von Holzzäunen, über Flammenprojektoren bis hin zu Licht- und Bühnentechnik – jetzt am Ort ihrer Bestimmung im Einsatz zu erleben.
„Also für uns war die NEUSTART KULTUR-Förderung wirklich Gold wert. Ohne hätten wir das alles in dem Maße gar nicht machen können“, erzählt Victor. Er berichtet von den Anfängen des Marktes vor sieben Jahren an der Wilhelm-Kaisen-Brücke, auf einem kleinen Platz vor dem PAPP-Café. Unter Coronaauflagen wäre der Markt, der sich immer größerer Beliebtheit erfreut hat, dort nicht möglich gewesen. Ein Umzug war also notwendig und nach lokaler Recherche wurde schließlich die Fläche vor dem Südbad gefunden.
Unter Einhaltung von Grünflächenschutzmaßnahmen darf der Markt hier nun seit zwei Jahren stattfinden. „Im letzten Jahr hatten wir hier noch lange Schlangen vorm Eingang, wegen der Einlassbeschränkungen. Aber dadurch wissen wir jetzt immerhin, wie viele Gäste wir hatten, das waren 15.000!“, berichtet Victor stolz. Die Förderung kam außerdem zum richtigen Zeitpunkt, ergänzt er. „Das Holz, das wir für die Umzäunung im letzten Jahr gekauft haben, hätten wir uns in diesem Jahr gar nicht mehr leisten können, wegen der gestiegenen Preise.“
Victor Frei von den KulturKraken
Kleine winterliche Alltagsflucht für Alle
Wir schlendern über den Markt, vorbei an bunten Buden und in Regenbogenfarben angestrahlten Bäumen. Hoch oben funkeln Diskokugeln und legen einen Zauber über die fröhlichen Gesichter der Besucher*innen. Mit den Lichtern der Neustadt wollen die KulturKraken ein kostenloses winterliches Kulturprogramm für alle anbieten. Der Markt soll eine Alternative zu kommerziellen Weihnachtsmärkten sein und ist bewusst nicht religiös. Victor erzählt, dass sie sich mittlerweile mehr als Festival verstehen: „Das ist hier ein Ort, um einfach mal ein bis zwei Stunden oder mehr dem Alltag zu entfliehen.“ Deswegen haben sich die KulturKraken auch dazu entschieden, den Holzzaun, der das Gelände einrahmt, trotz weggefallener Besucher*innenbeschränkungen stehen zu lassen. „Dieser Zaun macht hier so eine schöne Dorfatmosphäre.“
Im Festival-Dorf wird den Besucher*innen von 16 bis 22 Uhr einiges geboten: In selbstgezimmerten und individuell gestalteten Verkaufsständen laden lokale Kleinunternehmer*innen und Privatpersonen zum Stöbern ein. Heute gibt es hausgemachte Marmeladen und Kekse, selbstgenähte Bauchtaschen, künstlerisch-gestaltete Kalender und Poster sowie Schmuck und Gebasteltes. „Die Stände wechseln jeden Tag, so lohnt es sich auch mehrfach vorbeizukommen“, freut sich Victor. An Glühwein und Getränken, Burgern und balinesischem Essen fehlt es ebenso nicht.
Das Kulturprogramm lockt täglich mit einer Live-Band, mit Straßentheater, Artistik oder Zauberei. „Bei der Abschlussveranstaltung wird hier eine Artistin oben in den bunt beleuchteten Bäumen Akrobatik machen“, erzählt Victor. „Natürlich nur ein paar Minuten, wegen der Kälte. Aber das ist trotzdem immer toll.“ Auch die Bands spielen maximal 45 Minuten, damit die Finger der Gitarrist*innen nicht einfrieren.
Frierende Gäste können sich in der Jurte am Kamin aufwärmen. Und wer noch mehr Wärme braucht, für den gibt es sogar eine kleine Sauna, in die drei bis vier Menschen passen. „Die funktioniert auch echt gut. Manche Leute kommen schon im Bademantel her“, schmunzelt Victor.
Der Haupteingang des Wintermarkts Lichter der Neustadt
Licht und Leute
Das Lichtkonzept entwickeln Mitglieder des Vereins. Im Laufe der Jahre haben Victor und die KulturKraken einiges dazugelernt: „Am Anfang haben wir wild irgendwelche Lampen gekauft, so dass es gemütlich aussieht. Die haben wir dann eingelagert und im nächsten Jahr waren sie kaputt.“ Mittlerweile geht das ganze nachhaltiger zu. Sie wissen nun, welche Lampen der Witterung im Winter standhalten und danach auch noch einsatzfähig sind. Mithilfe der NEUSTART KULTUR-Mittel waren solche Lampen erschwinglich.
Leider findet der Markt nicht bei allen positiven Zuspruch. Es hat sich eine Anwohner*inneninitiative aus sieben Ehepaaren gegründet, die sich regelmäßig gegen die Lautstärke beschweren. „Dabei sind wir ja durchaus kooperationsbereit“, erklärt Victor. „Zum Beispiel ist hier direkt gegenüber eine Praxis für Psychotherapie, in der bis 20 Uhr abends gearbeitet wird. Das ist uns so wichtig, dass die ihre sensible Arbeit machen können, dass wir dann eben erst um 20 Uhr mit der Live-Musik starten.“
Auf dem Markt wird es derweil immer voller. Die leuchtenden Elfen auf Stelzen mischen sich in die Menge und begeistern nicht nur die Kinder. Gleich findet noch ein Hip-Hop-Konzert statt.
Die KulturKraken haben hier wirklich eine tolle, farbenfrohe Möglichkeit geschaffen, dem grauen Winteralltag zu entkommen. Die Lichter der Neustadt finden noch bis zum 20. Dezember statt.