Übernachten im Heu, Pferde und gemeinsames künstlerisches Schaffen. Für 35 junge Menschen bereitete das Kultur- und Theaterensemble Stage Divers(e) e.V. mit der NEUSTART KULUR Förderung eine unvergessliche Ferienfreizeit auf der Schwäbischen Alb. Ein Gastbeitrag der künstlerischen Leiterin Babette Ulmer.
Der Esslinger Verein Stage Divers(e) Forum für JugendTheaterKultur e.V. ist eine ehrenamtlich organisierte Plattform für junge Menschen, die künstlerisch tätig werden wollen. Wir arbeiten interdisziplinär und transkulturell, schließen Bewegung und Sport ebenso ein wie Musik und bildende Kunst. Wir haben kein eigenes Haus, sind jedoch fest eingebettet in örtliche und bundesweite Netzwerke der Kultur- und Jugendarbeit. Stage Divers(e) e.V. finanziert sich ausschließlich aus Projektmitteln. Wir bemühen uns sehr darum, junge Menschen aus prekären Situationen zu erreichen. Mit unseren internationalen Workshopleiter*innen finden wir viele neue Wege, um junge Menschen aus aller Welt in das gemeinsame künstlerische Experimentieren zu inkludieren. Unser Arbeitsprinzip ist einfach: jede*r die*der etwas kann, bringt es den anderen bei. Auf dieses Weise entstehen unsere künstlerischen Ergebnisse immer auf der Grundlage der gelebten Alltagswelt aller Mitwirkenden und den vorhandenen Fähigkeiten und Fertigkeiten.
Das Projekt „Zauberhafte Pferdebande“: ein Bauernhof als soziokultureller Ort
Um unerwartete Anreize zur gemeinsamen künstlerischen Arbeit für Kinder und Jugendliche zu bieten, setzen wir sechs besonders ausgebildete Pferde ein. Auf dem landwirtschaftliche Betrieb Hofgut Uhenfels auf der Schwäbischen Alb gestalteten wir im August das einwöchige Projekt Zauberhafte Pferdebande mit jungen Menschen von 10 – 17 Jahren. Eigentlich ist dieser Hof kein klassischer Ort der Kulturproduktion. Für diese Woche wurde jedoch der reguläre Betrieb zugunsten der gemeinsamen künstlerisch-kulturellen Aktivitäten eingestellt. Der Kuhstall verwandelte sich zum Übernachtungs-Heulager. Zwei kleine Ferienwohnungen wurden zu Büro und Notfallstation. Die Festscheune des Hofes wurde zum Zentrum der umfangreichen Angebote, die sich über das gesamte Gelände des Anwesens zogen. Gleichzeitig diente sie, mit Küche und selbst gekochtem Essen, als Speiseraum und Treffpunkt für das Beisammensein mit Tanz und Teamspielen.
Auf der Pferdewanderung durch die Schwäbische Alb
© Stage Divers(e) e.V.
Workshops und Highlights
Unsere 35 Teilnehmer*innen durchliefen fünf Workshops mit qualifizierten Honorarkräften: Filmemachen, Bühnenkampf, Zirkus und Theater sowie Landwirtschaft und Kommunikationsarbeit mit den Pferden. Hierfür waren individuelle Stundenpläne in einem ausgefeilten Ablaufplan notwendig. Am Ende der Freizeit standen drei Highlights: die erste Uhenfels Fight night, eine Bühnenkampfshow in einem improvisierten Kampfring mit entsprechenden Zweikampf-Choreografien, Ringrichtern und Einlaufmusik. Zum zweiten wurden die in der Woche selbst gedrehte Filme gezeigt, deren Genres sich von Crimestories über Fantasy- und Horrorgeschichten über Familienfilme und Tierabenteuergeschichten erstreckten. Eigentlich stand auf dem Plan noch eine luftakrobatische Stuntshow mit Pferd – aber leider war dafür die Woche zu kurz. Stattdessen unternahmen alle zusammen mit den Pferden eine Wanderung, um Natur und Landschaft in Ruhe gemeinsam zu genießen. Zwischen den fünf Workshops gab es die Woche über viele Zeitfenster, in welchem Schmuck hergestellt oder einfach nur geredet wurde. Eine tägliche halbe Stunde spontane „Speedkunst“ gab Raum für die Entstehung flüchtiger Kunstwerke aus Naturmaterialien. Die ganze Zeit über war es möglich, mit Schminke das eigene Erscheinungsbild für die geplanten Highlights selbst auszuprobieren und die Rollen damit zu entwickeln.
Schmuck basteln
© Stage Divers(e) e.V.
Der Alltag
Mit dem gemeinsamen Fitness-Groove begannen die Tage noch vor dem Frühstück. Es wurden drei Gruppen gebildet, die täglich wechselten: Küchendienst, Reinigungs- und Mülldienst sowie Büro- und interner Pressedienst. Letztgenannter sammelte Informationen über besondere Abenteuer des Tages und stellte sie beim abendlichen stündlichen Uhenfels-TV mit Improtheater dar. Auch moderierte diese Gruppe jeweils die täglichen Feedbackrunden, die sich aus den „Mir stinkts“, „Ich bin glücklich“ und Ideenwänden speiste. Das für die Freizeit erstellte Jugendschutzkonzept half dem Betreuungsteam, bei der Vielzahl an Aktivitäten das Wohl der Teilnehmenden nicht aus dem Auge zu verlieren. Ein Krankenpfleger und eine Sozialpädagogin begleiteten stets das oft wilde Spiel und achteten auf seelische und körperliche Gesundheit. Mit der abendlichen Vorleserunde zum Einschlafen neigte sich dann jeder aufregende Tag einem glücklichen Ende.
Übernachtungslager im Heu
© Stage Divers(e) e.V.
Fazit
Im Projekt Zauberhafte Pferdebande widmeten wir alle Aktivitäten dem Empowerment. Es ging uns darum, dass alle spielerisch in ihrem Standing gefördert werden sollten. Da der Team-Prozess sowohl bei den unterschiedlichen Workshops als auch im Alltag im Vordergrund stand, war genügend Raum und Flexibilität zur aktuellen Anpassung an Wünsche, Kritik oder neue Ideen. Dass ausnahmslos alle Teilnehmer*innen und auch das Betreuungsteam das Projekt im kommenden Jahr fortsetzen wollen, macht uns sehr glücklich.