Beim vergangenen Schwarmwissen haben sich knapp 30 Teilnehmer*innen zum Thema Arbeit ausgetauscht. Schwarmmitglied Alexander Wilke hat das Hamburger Bündnis KulturWert vorgestellt. Der Bundesverband Soziokultur setzt sich gemeinsam mit den Landesverbänden für ein gerechtes Tarifgefüge ein.
„Das ist ganz schön scheiße mit unserer Bezahlung“, entfährt es einer Teilnehmerin während des vergangenen Schwarmwissen-Treffs. Arbeit lautete das Thema passend zum anstehenden 1. Mai. Faire Bezahlung, Personalgewinnung und Ehrenamt standen dem Schwarm zur Diskussion. Doch schnell wurde klar, dass die angesetzten zwei Stunden nicht für alle Themen reichen werden.
Faire Bezahlung
Da das Thema Faire Bezahlung auch im Verband aktuell diskutiert wird, eröffnete die Geschäftsführerin des Bundesverbandes Soziokultur Ellen Ahbe den Austausch. Frisch von einem Treffen mit den Geschäftsführer*innen der Landesverbände, bei dem Christina Biundo, Leiterin der Servicestelle Kulturelle Bildung in Rheinland-Pfalz, über die neusten Entwicklungen zum Thema Honoraruntergrenzen bei der Bezahlung von Künstler*innen und Corinne Eichner, Geschäftsführerin von STADTKULTUR HAMBURG, über das Bündnis KulturWert berichtete, interessierte sie sich für die Meinungen des Schwarms und kündigte an: „Das Thema Faire Bezahlung ist und bleibt ein zentrales für die Soziokultur, denn die anspruchsvolle Arbeit dieses Fachfelds ist alles andere als selbstverständlich und muss entsprechend vergütet werden. Besonders der Generationenwechsel, der gutausgebildetes, engagiertes Personal nachrücken lässt, macht das Thema zu einem besonders dringlichen und existentiellen. Daher setzt sich der Bundesverband im Schulterschluss mit den Landesverbänden für ein gerechtes Tarifgefüge in der Soziokultur ein.”
Generationenwechsel
Die Soziokultur befindet sich im Wandel. 50 Jahre nachdem engagierte Menschen Orte erobert und dort ihre Vorstellung eines freien und gerechten Gesellschaftsmodells verwirklichten, tritt nun eine Generation in deren Fußstapfen, die der selbstverständlichen Selbstausbeutung ein Ende bereiten will. Denn längst ist die Soziokultur mehr als ein hippie-eskes Gegenmodell zur Hochkultur. Die Soziokultur – und das wurde insbesondere während der Pandemie noch einmal deutlich – übernimmt heute substanzielle Aufgaben der sozialen und kulturellen Daseinsversorgung. Kein Wunder also, dass die „Neuen“ eine angemessene und vergleichbare Vergütung ihrer Arbeit fordern.
KulturWert
Alexander Wilke ist einer dieser jungen und engagierten Menschen, die sich für eine faire Bezahlung einsetzen. Als Schwarmmitglied, Koordinator der Horner Freiheit und Mitinitiator des Hamburger Bündnisses KulturWert – Faire Tarife für alle informierte er die knapp 30-köpfige Runde über die Ziele und den Stand der aktivistischen Bemühungen für eine gerechtere Entlohnung. Mit Unterstützung der Gewerkschaft ver.di und STADTKULTUR HAMBURG fordern sie einen gerechten Tarifvertrag für die Soziokultur der Hansestadt und mehr Geld, um die Bezahlung zu ermöglichen. Neue Tätigkeitsbeschreibungen sollen die tatsächlich geleistete Arbeit in den Zentren abbilden und so eine faire Eingruppierung ermöglichen. „Wir wollen den bestehenden Tarifvertrag in unsere Richtung kippen“, bekräftigt Alex das Anliegen des Bündnisses, das sich als richtungsweisend für das gesamte Bundesgebiet erweisen könnte.
Logo KulturWert
Ausgangslage divers
Naturgemäß war die Zustimmung für eine gerechte Bezahlung der soziokulturellen Arbeit unter den Schwarmmitgliedern groß. In der Diskussion spiegelte sich aber auch die unterschiedliche Ausgangslage in den Zentren wider. Während ein großes traditionsreiches städtisches Zentrum 24 Festangestellte nach Tarif bezahlen kann, kämpft ein anderes auf dem Land angesichts schwindender Förderungen ums Überleben. Doch Imke Freiberg, Leiterin des soziokulturellen Zentrums St. Spiritus in Greifswald und Vorstandsvorsitzende des Landesverbandes Soziokultur Mecklenburg-Vorpommern, sieht im Unterschied kein trennendes Element: „Man kann Land und Stadt nicht trennen. Schlechte Bedingungen gibt es überall.“ Auch Torsten Wiegel, Geschäftsführer des Steinhaus e.V. in Bautzen und Vorstandsvorsitzender des Landesverbandes Soziokultur Sachsen, unterstützt die Forderung der jüngeren Generation: „Selbstausbeutung war früher normal, die neue Generation will mehr.“ Er gibt aber auch zu bedenken, dass mehr Gehalt eine geringe Zahl geförderter Projekte nach sich ziehen könnte.
Personalgewinnung
Zum Abschluss der Veranstaltung streifte der Schwarm noch das Thema Personalgewinnung. Die unterdurchschnittliche Bezahlung in der Soziokultur stellt eine Herausforderung für die Besetzung offener Stellen dar. Doch bei aller Notwendigkeit einer fairen Bezahlung, ist Geld eben nicht alles, wie ein Schwarmmitglied anmerkt. Flexible Arbeitszeiten, das solidarische Miteinander und die sinnhaften Inhalte und Werte soziokultureller Arbeit sind Alleinstellungsmerkmale, die Bewerber*innen ansprechen und in keiner Stellenanzeige fehlen dürfen.
Mit dem für die Soziokultur fundamental wichtigen Thema Ehrenamt konnte sich der Schwarm bei diesem Treffen nicht mehr beschäftigen. Vielleicht setzt er sich dieses Thema im zweiten Halbjahr wieder auf die Agenda.