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2. Mai 2022

#neustartkultur, #projektstimmen

#projektstimmen: Das ROXY in Ulm

Von: Redaktion

In unserer Blogkategorie #projektstimmen kommen über NEUSTART KULTUR beim Bundesverband Soziokultur geförderte Projekte selbst zu Wort.

Von: Johanna Homburger, ROXY gGmbH

Das soziokulturelle Zentrum ROXY in Ulm hat während der Pandemiezeit das Musikfestival FEMTASTIQUE veranstaltet, welches Frauen in der Musikbranche in den Vordergrund rückt und von Frauen veranstaltet wurde.

Das ROXY in Ulm ist eines der größten soziokulturellen Zentren in Baden-Württemberg. In Nicht Corona-Jahren besuchen rund 80.000 Besucher:innen die alten Fabrikhallen.
Dabei werden verschiedene Zielgruppen mit den rund 250 Veranstaltungen erreicht, denn die angebotenen Genres reichen von Konzerten, Comedy, Kabarett über Lesungen, Märkte und Theater zu Tanz, Diskussionsrunden und Partys. Vier verschiedene Hallen bieten jeweils die passende Spielstätte – ein Außenbereich ermöglich im Sommer zudem einen Biergartenbetrieb mit einer Seecontainerbühne.
Neben vielen bekannten und aufstrebenden Acts ist das ROXY Kooperationspartner für verschiedene Akteur:innen der Region sowie Ermöglichungsort für kleinere Produktionen – in den letzten Jahren mit einem Schwerpunkt auf dem Bereich zeitgenössischer Tanz.

Bis zu Pandemiebeginn war das ROXY Anlaufstelle für viele Kulturinteressierte aus Ulm, der Region und darüber hinaus. Am 12. März 2020 fand dann das letzte reguläre Konzert statt, in der Nacht noch wurde die Veranstaltung vom 13. März abgesagt und danach war der Kalender zunächst leergefegt.

Nach der anfänglichen Überforderung und der Bewältigung der ganzen Verschiebungen, Absagen und Ticketrückabwicklungen haben wir schnell den Entschluss gefasst, nicht ganz zu verschwinden und begannen bereits im April 2020 mit den ersten Live-Streams. Der Sommer war zum Glück gnädig, sodass wir unseren Biergarten öffnen und unsere Bühne im alten Seecontainer bespielen konnten. Im September und Oktober konnten auch indoor wieder einige Veranstaltungen stattfinden. Nur im November 2020 hatten wir gar kein Angebot, im Dezember fingen wir wieder mit Live-Streams an – bis wir im Juni 2021 wieder draußen veranstalten konnten.

Das hat dazu geführt, dass wir uns im Streamingbereich nach und nach sicherer gefühlt haben, unser Equipment über Förderungen erweitern und uns somit erheblich weiterbilden konnten.

FEMTASTIQUE – we celebrate women in music: Konzerte, Panels & Workshops

Unabhängig von der Pandemie gab es die Idee, dass wir ein Musikfestival veranstalten wollen, das Frauen in der Musikbranche in den Vordergrund rückt. Sowohl auf den Bühnen als auch dahinter herrscht nach wie vor ein Ungleichgewicht. Zum einen sind es die Jobs, die nicht Männern vorbehalten sein sollten, sondern auch Vorbilder, die an junge Menschen gesendet werden können. Wir haben die Projektförderung beantragt, um ein solches Festival durchzuführen – und damit die Gagen und Honorare zu sichern. Uns war es wichtig, das Vorhaben pandemieunabhängig durchführen zu können. Bis wenige Wochen vor dem Start hatten wir uns offen gelassen, ob es Konzerte mit Livepublikum sein können oder wir doch streamen. Leider ließen die Inzidenzen in Ulm Ende Mai 2021 noch keine Besucher:innen zu.

Wir haben zehn Bands gebucht, die zumindest female fronted sind. Somit konnten wir uns über ein abwechslungsreiches LineUp freuen: Antje Schomaker, Mariama, Ätna, Madanii&Llucid, Blond, Francis of Delirium, Sofia Portanet, Ikan Hyu, Ilgen-Nur und Umme Block spielten vom 27. – 30. Mai 2021.

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Mariama - Teil des LineUps

Foto © Diana Mühlberger/ getbackstage

Zudem gab es ein Panel zum Thema „"It fucking is gonna change!" (Kate Nash) - Frauen im Musikbusiness“ mit den Speakerinnen Agnes Stamml (Save The Day Management / Netzwerk we__are__a__lot), Gloria Robenek (Angst-Booking), Jennifer Beck (Missy Magazine) und Diana Ezerex (Singer-Songwriterin), moderiert von Caro Matzko.

Darüber hinaus wurde noch ein Intensiv-Workshop angeboten. Dieser richtete sich gezielt an junge Frauen in der Musikberufswelt und diente dazu, Gender-Barrieren zu reflektieren und diesen auf individuelle Weise proaktiv entgegenzutreten. Es wurden darüber hinaus Strategien erarbeitet, eigenes Potential besser entfalten und umsetzen zu können. Die Schwerpunkte lagen auf Vernetzung, Lösungsorientierung und Empowerment. Geleitet hat den Workshop Wirtschaftspsychologin B.A. Tanja Queckenstedt.

Umsetzung des Projekts: Frauen wirken gemeinsam

Abgesehen vom Programm war es uns ein Anliegen, auch die Durchführung in Frauenhand zu legen. Somit wurden alle Positionen mit ROXY-Mitarbeiter:innen und zusätzlich mit Freiberuflichen besetzt. Letztlich waren wir ein Team von 14 Frauen, die folgende Disziplinen abgedeckt haben:

Booking, Organisation, Grafik, FOH, Monitor, Stagehand, Stagemanagement, Licht, Catering, Künstler:innen-Betreuung, Öffentlichkeitsarbeit, Kameraführung, Bildregie, Fotografie, Corona-Tests und Finanzen.

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Hygienekonzept vor Ort

Foto © Diana Mühlberger/getbackstage

Die Konzerte sowie das Panel wurden am jeweiligen Tag ab mittags aufgenommen und abends über YouTube und Facebook ausgespielt. Somit konnte der Kontakt zwischen den Teilnehmenden so gering wie möglich gehalten werden und niemand musste auf einen ordentlichen Soundcheck verzichten. Denn ein gestreamtes Konzert verzeiht Tonschwächen weniger als live.

Die Konzerte behielten einen exklusiven Charakter, da sie jeweils nur für 24 Stunden abrufbar bleiben, das Panel ist nach wie vor auf dem YouTube-Kanal vom ROXY zu finden.

Der Workshop konnte online stattfinden, somit konnten auch Teilnehmerinnen aus dem ganzen Bundesgebiet dabei sein.

Finanzierung

Uns war es wichtig, das Projekt auf jeden Fall durchführen zu können, denn ein Einreihen in die Verschiebewelle hätte mit einem zehnköpfigen Lineup nicht funktioniert. Die Förderung ermöglichte es uns, ein Programm anzubieten, das nicht auf Ticketeinnahmen angewiesen war. Selbst wenn wir hätten vor Livepublikum spielen können, wäre zum Zeitpunkt dieser Entscheidung nicht genug Zeit gewesen, ausreichend Tickets zu verkaufen.

Weiter war uns wichtig, dass sich auch alle Freischaffenden sowie die Musiker:innen auf diese Gage verlassen konnten – für viele war es der erste Job seit einer sehr langen Zeit.

Und wie war das so? Eine Bilanz

Das Projekt war auf mehreren Ebenen ein Erfolg. Alle Künstler:innen waren sich einig, dass es eine sehr besondere Atmosphäre war, vor Ort nur mit Frauen zu arbeiten. Einige haben die Zeit bei uns als viel entspannter erlebt, da sie leider oft mit Mansplaining oder dummen Sprüchen zu kämpfen haben. Auch über das Thema „Frausein im Musikbusiness“ haben sich spannende Gespräche ergeben.

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Pausenzeit

Foto © Diana Mühlberger/getbackstage

Weiter hat das Projekt sicher viele dazu gebracht, sich mit dem Ungleichgewicht in der Branche auseinanderzusetzen und bewusster zu werden. Besonders haben wir uns über die Nachricht eines DJs gefreut, der nach unserem Festival seine Songauswahl hinterfragt hat und nun nur noch eine ausgeglichene Mischung anbieten möchte.

Auch beruflich hatte das Festival Auswirkungen: Durch das Netzwerk, das durch die vier Tage entstanden ist, konnten bereits Jobs an Freischaffende vermittelt werden, die sonst vielleicht nicht angefragt worden wären.

Das ROXY ist selbst noch nicht bei einem ausgeglichenen Programm angekommen – leider wird das auch noch eine Weile dauern, bis alle pandemiebedingten Termine sowie das bereits gebuchte Programm abgespielt sind. Trotzdem hat das Festival intern bereits viel angeregt und in Zukunft wird man auch die Auswirkungen am allgemeinen Programm sehen. Denn „Frauen in der Musik“ ist kein Genre und sollte perspektivisch auch keinen Projektcharakter tragen (müssen). Bis dahin machen wir weiter und planen ein FEMTASTIQUE Nummer 2.

Autor*innen

  Redaktion Öffentlichkeitsarbeit NEUSTART KULTUR oeffentlichkeitsarbeit@soziokultur.de

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