In unserer Blogkategorie #projektstimmen kommen über NEUSTART KULTUR beim Bundesverband Soziokultur geförderte Projekte selbst zu Wort.
Eidelstedt bleibt in Verbindung
Das Eidelstedter Stadtteilkulturzentrum liegt im Herzen des Stadtteils – am Eidelstedter Markt. Eigentlich. Denn seit September 2020 entsteht dort ein neues Haus mit Kulturzentrum, Bücherhalle und Elternschule. Bis zur Fertigstellung arbeitet das Team vom Stadtteilkulturzentrum in einem etwas versteckt gelegenen Container neben der Sporthalle, dem KulturContainer.
Von dort mit den Menschen im Stadtteil in Verbindung zu bleiben, ist eine besondere Aufgabe. Erst Recht, wenn dann noch eine Pandemie mit monatelangem Lockdown dazu kommt. Veranstaltungen wie Konzerte, Lesungen und Kreativworkshops mussten genauso pausieren wie die zahlreichen Beratungsangebote und Gruppen - von den handarbeitenden Wollmäusen über die Mieter*innenberatung bis zur Parkinson Selbsthilfegruppe. Nichts konnte stattfinden. Phasenweise schien der KulturContainer deshalb stark verwaist und die Mitarbeiter*innen beschäftigte durchweg die Frage: Wie bleibt Eidelstedt in Verbindung?
Unter diesem Motto entstand dann auch die Projektreihe KulturConAction, die mit Hilfe von Fördergeldern aus NEUSTART KULTUR ein Angebot für die Zeit nach der Wiedereröffnung schaffen sollte. Doch die Wiedereröffnung blieb für lange Zeit unmöglich. Der KulturContainer wurde trotzdem aktiv und schuf ein Kulturangebot, das je nach Inzidenzlage und Wetterbedingungen online, live oder als Hybridveranstaltung angeboten werden konnte. Doch egal ob als Zoom-Talkrunde, Open-Air-Kino oder aufgezeichnete Video-Lesung: KulturConAction ermöglichte endlich wieder Begegnung und Gemeinschaft im Stadtteil.
Bei der Talkrunde zur Auftaktveranstaltung diskutierten die Teilnehmer*innen die Frage, wie Solidarität im Stadtteil gelingen kann.
Foto © ekulturell
Fragte der KulturContainer bei der Talkrunde zur Auftaktveranstaltung noch, wie Solidarität im Stadtteil gelingt, gelang das Miteinander in Eidelstedt mit jeder Woche mehr. Die mehrsprachige Kinderbuchlesung „Das Kleine WIR“ erfolgte in Kooperation mit dem Spielhaus Eidelstedt. Auf Deutsch, Türkisch und Nepali erfuhren die Kinder, was das Kleine WIR ausmacht, was es mag und was hilft, wenn es traurig ist. Im Anschluss organsierte das Team noch mehrere Lesungen als Videoaufzeichnung, unter anderem auf Russisch, Plattdeutsch, Dari und Spanisch – die in einer Woche des Hamburger Lesefestes für Kinder und Jugendliche „Seiteneinsteiger“ als tägliches Video auf den Social-Media-Kanälen des KulturContainers hochgeladen wurden. Abgeschlossen wurde die Kinderbuchreihe von einer Live-Lesung in Gebärdensprache.
Während das kleine WIR in Eidelstedt immer bekannter wurde, bat die Fotografin Janina Wick Menschen aus dem Stadtteil vor ihre Kamera. Zusammen mit Nina Reiprich und Ishaq Quaraishi entstanden außergewöhnliche Portraits ganz „gewöhnlicher“ Eidelstedter*innen. Die „Gesichter Eidelstedts“ wurden als Freiluftausstellung konzipiert und waren über zwei Monate hinweg an unterschiedlichen Orten im Stadtteil zu sehen. Ein QR-Code verband die Fotos der Ausstellung mit einem Link zur Webseite des KulturContainers, wo neben der Ausstellung auch die Interviews mit den Porträtierten zu lesen waren und weiterhin zu lesen sind. Die Vernissage zur Ausstellung war eine der ersten Gelegenheiten, um endlich wieder mit Gästen im KulturContainer zusammenzukommen. Der zum Projekt entstandene Film von Sayad Aga Zekri zeigt die zugewandte Stimmung, die trotz Masken und Abstand herrschte.
Bis zur Fertigstellung eines neuen Bürgerhauses mit Kulturzentrum, Bücherhalle und Elternschule arbeitet das Team vom Stadtteilkulturzentrum Eidelstedter Bürgerhaus e.V. vom "KulturContainer" aus.
Foto © ekulturell
Warmherzig ging es auch bei den Open-Air-Kinoabenden zu: Der Film „Hidden Figures – unerkannte Heldinnen“ lockte zahlreiche Besucher*innen auf den Parkplatz des KulturContainers. Der zwei Wochen später gezeigte Trickfilm „Zoomania“ erreichte als ausgewiesener Familienfilm ein noch größeres Publikum. Ein Gewinn war auch das Wetter, das an beiden Abenden eine Pause vom regnerischen Sommer machte.
Nach dem Erfolg und dem regen Austausch der ersten Talkrunde zum Thema „Solidarität im Stadtteil“ fand eine weitere digitale Gesprächsrunde statt, um den Eidelstedterinnen und Eidelstedtern die Fortschritte der Baustelle am Markt zu erläutern. Dort, wo 2022 das Stadtteilkulturzentrum zusammen mit der Bücherhalle und der Elternschule unter der Dachmarke steeedt einziehen wird, gab es einigen Erläuterungsbedarf, nachdem der Name des neuen Hauses im Stadtteil für Kritik gesorgt hatte. Der Eidelstedter KulturContainer nutzte das digitale Format, um in den Dialog mit den Bürgerinnen und Bürgern zu treten, aber auch, um die Pläne und Aufgaben für die kommenden Monate zu präsentieren und um für Teilhabe an dem Projekt zu werben. Die Stadtteilerhebung zur inhaltlichen Ausrichtung des steeedt lief kurz nach der Veranstaltung an. Für Auflockerung in den doch sehr redelastigen Gesprächsrunden sorgte Pianist Barbod Soleymany mit seinem abwechslungsreichen Repertoire.
Die mehrsprachige Kinderbuchlesung „Das Kleine WIR“ begeisterte Kinder live und als Videoaufzeichnung - unter anderem auf Deutsch, Türkisch, Nepali, Russisch, Plattdeutsch, Dari und Spanisch.
Foto © ekulturell
Da der Corona-Lockdown sehr viel länger anhielt als erwartet, hat das Team des Eidelstedter KulturContainers die Reihe KulturConAction bis weit in den Herbst geplant. In der benachbarten Sporthalle fanden an den letzten Oktober-Samstagen noch Konzerte statt: Kreativ als Sockenkonzerte beworben – die Turnhalle darf nicht mit Straßenschuhen betreten werden – traten sowohl überregionale Bands als auch Musiker*innen aus dem Stadtteil auf. Auch hier bot sich durch die Fensterfront der Turnhalle ein hybrides Format an, für den Fall, dass eine steigende Inzidenz in Hamburg die Zugangsregeln wieder verschärft hätte. In diesem Fall wäre das Konzert drinnen gestreamt und draußen als Schaufenster-Konzert konzipiert worden.
Gerade diese Planungsunsicherheit, teilweise bis kurz vor den Veranstaltungen, hat die Flexibilität des KulturContainer-Teams herausgefordert und es darüber hinaus beflügelt, mit Kreativität und Improvisationslust Veranstaltungen zu organisieren, Kultur im Stadtteil über alle Hindernisse hinweg aufrecht zu erhalten und eine Anlaufstelle für die Menschen im Stadtteil zu sein. Es war nicht immer alles perfekt, manches knapp am Chaos vorbei, aber der viele positive Zuspruch, die dankbaren Gesichter der Kinobesucher*innen, die leuchtenden Augen der Kinder bei den Lesungen oder die berührenden Geschichten und das Engagement der Menschen hinter den „Gesichtern Eidelstedts“ haben das alles wett gemacht und bewiesen: Eidelstedt ist in Verbindung.
Um das in unserem Blog entstehende bunte Mosaik aus Portraits und Geschichten weiter zu vergrößern, laden wir alle geförderten Projekte dazu ein, einen eigenen Blogbeitrag auf unserer Webseite zu veröffentlichen. Weiter Informationen finden Sie hier.
Wir freuen uns auf Ihre Stimme!