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20. Mai 2021

#neustartkultur, #portrait

Fit für die Zukunft – der Kunsthof Friedrichsrode macht sich bereit für den NEUSTART

Von: Redaktion

Der im weiten ländlichen Raum zwischen den Städten Nordhausen und Mühlhausen gelegene Kunsthof Friedrichsrode lädt die Menschen der Umgebung seit knapp 30 Jahren zu gelebter kultureller Vielfalt ein – als kulturelle Bildungsstätte, Veranstaltungsort und Schullandheim. Doch im Lockdown ist es in dem sonst so lebendigen Ort der Begegnung still geworden. Fördermittel aus NEUSTART KULTUR beim Bundesverband Soziokultur machen Investitionen möglich, die den Hof fit für die Zukunft machen sollen. Doch noch ist unklar, wie diese Zukunft aussehen wird und wann die Türen wieder für Besucher*innen geöffnet werden können.

Mitten im Kern eines 70-Seelen-Dorfs im Norden Thüringens befindet sich der Kunsthof Friedrichsrode. Im Laufe der Jahre seit seiner Gründung im Jahr 1993 hat sich das soziokulturelle Zentrum nicht nur einen festen Platz im Leben und Herzen der Dorfbewohner*innen erarbeitet, sondern mit seinem diversen Angebots-Mix aus kultureller Bildung, Kunsthandwerk und Veranstaltungen auch überregionale Wahrnehmung und Strahlkraft erlangt.

Der Innenhof des Kunsthof Friedrichsrode - Im Lockdown ist es in dem sonst so lebendigen Ort der Begegnung still geworden.

Foto © Kulturland Hainleite e. V. / T. Kümmel

Der Hof besteht aus zwei Gebäudekomplexen mit historischer Bausubstanz und einem großzügigen Außengelände. Neben den Aufenthalts-, Speise- und Übernachtungsräumen beherbergt das Ensemble künstlerische Werkstätten, Räume für Seminare und Workshops sowie eine Theaterbühne.

Die Angebote des Kunsthofs richten sich an alle Altersgruppen, vorrangig jedoch an Kinder und Jugendliche. Vor der Pandemie besuchten jährlich mehr als 10.000 Nutzer*innen den Kunsthof Friedrichsrode und seine Veranstaltungen. Der Hof bietet Raum für Klassenfahrten, Kindergeburtstage, Mehrtagesprojekte, Kreativurlaube und -freizeiten sowie Workshops für Erwachsene. Daneben lädt der Kunsthof die Menschen der Region als Veranstaltungsort zu Ausstellungen, Konzerten und Theateraufführungen ein. Beim „Kunstmarkt“ an jedem dritten Samstag im Juni, dem wichtigsten Event des Jahres, verwandelt sich das gesamte Dorf in eine pulsierende Kunstmeile mit über 100 Kunsthandwerkern, Bands, Straßenkünstlern, Ausstellungen und Theater.

Doch den überregional bekannten und beliebten Kunstmarkt musste der Kulturland Hainleite e.V., welcher auch Träger des Kunsthofs ist, nach 2020 – dem dreißigsten Jubliläumsjahr – nun zum zweiten Mal schweren Herzens absagen. Die nach wie vor dynamische Pandemielage macht die Planung und Durchführung von Veranstaltungen dieser Größenordnung zurzeit unmöglich. Corona-Krise und Lockdown bestimmen den Alltag im Kunsthof Friedrichsrode. Im dem sonst so lebendigen Ort der Begegnung ist es still geworden.

Seit fast 30 Jahren ist der Kunsthof Friedrichsrode fester Bestandteil des kleinen Dorfs in Thüringen.

Foto © Kulturland Hainleite e. V. / T. Kümmel

Als sich Thomas Kümmel im Februar 2020 für die Leitung des Kunsthofs entschied, konnte er nicht ahnen, dass vor allem die Bewältigung von Problemen, die mit Begriffen wie „Pandemie“ und „Lockdown“ zusammenhängen, im Mittelpunkt seiner neuen Tätigkeit stehen würde. Als der zuvor als Kulturagent tätige Hallenser schließlich im Juni 2020 seine Zweitwohnung in Friedrichsrode bezog und seine Arbeit aufnahm, bestand seine erste Aufgabe in der Ausarbeitung eines umfassenden Infektionsschutzkonzeptes für die unterschiedlichen Angebotsformate des Kunsthofes.

Dieses Konzept war die Grundlage für die schrittweise Wiederaufnahme des Betriebs ab Juli 2020. Über die Sommerferien kehrte das kulturelle Leben allmählich in den Kunsthof zurück. Auch Gruppen- und Klassenfahrten wurden unter Auflagen wieder möglich. Im September und Oktober traute sich das Team des Kulturzentrums sogar die Ausrichtung von größeren Veranstaltungen zu. Dank Sicherheitsmaßnahmen wie Einlasskontrollen und Verlagerung von Angeboten nach draußen konnte beispielweise die ursprünglich für Juni geplante Ausstellungseröffnung der 11. Jugend-Kunst-Biennale auf dem Gelände des Kunsthofs verspätet stattfinden.

Doch bereits im November mussten die Türen des Kunsthofs im Zuge des nächsten Lockdowns erneut schließen. Seitdem steht das kulturelle Leben wieder still.

Die Umsatzausfälle, die der Kunsthof seitdem verkraften muss, sind enorm. Im November mussten drei der Mitarbeiter*innen zum wiederholten Mal in Kurzarbeit gehen. Der in Normalzeiten bis zu 70 Prozent über Umsätze aus Beherbergung, Bildungsangeboten und Veranstaltungen eigenfinanzierte Kunsthof hätte die Gehälter ansonsten nicht mehr bezahlen können. Einer Beantragung von November- und Dezemberhilfe standen bürokratische Hürden im Weg. Der Trägerverein Kulturland Hainleite e.V. wandte sich deshalb mit einem Spendenaufruf an die Nutzer*innen. Mit Erfolg: Über 13.000 Euro kamen in kurzer Zeit über die Kampagne zusammen, der überwiegende Teil davon ergab sich aus zahlreichen Kleinspenden zwischen 10 und 50 Euro. „Das Echo auf die Spendenkampagne seit November hat uns echt überwältigt und sehr geholfen, die laufenden Betriebskosten der letzten drei Monate aufzufangen.“, schreibt das Team Anfang des Jahres auf der eigenen Homepage.

Doch die Betriebskosten liefen weiter, während die Spendengelder schon bald wieder aufgebraucht waren. Umso größer war die Erleichterung, als der Bundesverband Soziokultur e.V. den Zuwendungsbescheid für die Fördermittel aus NEUSTART KULTUR schickte.

Mit Hilfe der Förderung in Höhe von knapp 34.000 Euro aus dem Förderbereich „Zentren“ kann sich der Kunsthof Friedrichsrode nun auf die Wiedereröffnung unter Pandemiebedingungen vorbereiten und gleichzeitig veraltete Infrastruktur erneuern, um den Hof auch über die Pandemie hinaus fit für die Zukunft zu machen.

Die Bauarbeiten laufen an: Dank der Förderung kann die teils veraltete Infrastruktur des Hofs erneuert werden.

Foto © Kulturland Hainleite e. V. / T. Kümmel

Neben der Anschaffung von Barrieren zur Besuchersteuerung wurden über die Fördermittel Türen und Fenster erneuert, um eine bessere Belüftung und Abtrennung der Räume im Sinne des Infektionsschutzes zu ermöglichen. Darüber hinaus wurde in Ausstattung für Open-Air-Veranstaltungen investiert: Neue akkubetriebene Lautsprecher, Funkgeräte, Sonnenschirme, Stühle und Pavillons sollen es zukünftig erlauben, einen großen Teil der Angebote auf das weitläufige Außengelände zu verlagern. Eine zusätzliche Töpferscheibe wird es möglich machen, dass in Zukunft mehrere Kleingruppen oder Einzelpersonen in der Werkstatt parallel töpfern können.

Neben dem Förderprogramm NEUSTART KULTUR hat der Verein auch Anträge bei anderen Landes- und Bundesprogrammen gestellt. Hier wartet man derzeit noch auf Antwort. Für die staatlichen Hilfsgelder ist Thomas Kümmel dankbar, sieht aber auch Probleme: Die Beantragung von Fördermitteln als auch die Umsetzung der Förderung sowie deren formelle Abwicklung erfordern viel Fachkompetenz und Zeit – Ressourcen, die nicht jedes Kulturzentrum im Krisenmodus zur Verfügung hat.

Aktuell läuft der Betrieb im Kunsthof auf absoluter Sparflamme. Die meisten Investitionen sind bereits abgeschlossen, das neue Equipment liegt für den ersten Einsatz bereit. Doch noch ist unklar, wann und unter welchen Bedingungen die Türen wieder für Besucher*innen geöffnet werden können. Die damit verbundene Machtlosigkeit und Unsicherheit machen das Warten auf die Wiedereröffnung für Thomas Kümmel und sein Team zum zermürbenden Marathon.

Zum Glück ist der Kontakt zum Publikum nie abgerissen. Über seinen Newsletter und die Social-Media-Kanäle auf Facebook und Instagram steht der Kunsthof Friedrichsrode in direktem Austausch mit den Nutzer*innen. „Als wir vor kurzem den Kunstmarkt abgesagt haben, standen die Telefone nicht mehr still. Das zeigt mir, dass die Menschen uns nicht vergessen haben. Sie warten darauf, dass es endlich wieder losgeht.“, berichtet Thomas Kümmel.

Teil der geförderten Investitionen: Eine neue Töpferscheibe.

Foto © Kulturland Hainleite e. V. / T. Kümmel

Da auch Beherbergungen auf längere Frist nur sehr eingeschränkt möglich und beispielsweise Klassenfahrten bis zum Sommer in Thüringen ganz verboten sind, gab es in den letzten Wochen viele Absagen für das Schullandheim. Doch auch hier zeigt sich, dass die Menschen nicht so einfach aufgeben: „Bei jeder Absage fragen die Menschen direkt nach einem neuen Termin für die zweite Jahreshälfte.“, sagt Thomas Kümmel. Auch wenn er persönlich nicht daran glaubt, dass es ein einfaches Zurück zur alten Normalität geben wird – das große Interesse der Menschen gibt ihm und seinem Team Hoffnung für die Zukunft.


Kulturland Hainleite e. V.
In Friedrichsrode 14
99713 Helbedündorf / OT Friedrichsrode

Website: www.kunsthof-friedrichsrode.de
Facebook: www.facebook.com/Kunsthof.Friedrichsrode

Autor*innen

  Redaktion Öffentlichkeitsarbeit NEUSTART KULTUR oeffentlichkeitsarbeit@soziokultur.de

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